Während in den meisten europäischen Ländern die Pneumologie an den Universitäten fest etabliert ist, existieren in Deutschland nur wenige Lehrstühle mit eigenständigen universitären Lungenkliniken. Die Uniklinik RWTH Aachen hat diese Lücke für unsere Region geschlossen und zum 1. Juli 2018 mit der neuen Klinik für Pneumologie und Internistische Intensivmedizin die Medizinische Klinik V gegründet. Klinikdirektor ist Univ.-Prof. Dr. med. Michael Dreher, zuvor Leiter der Sektion Pneumologie der Klinik für Kardiologie, Pneumologie, Angiologie und Internistische Intensivmedizin. Diese Entwicklung unterstreicht nicht nur die Bedeutung der Lungenheilkunde innerhalb der Inneren Medizin. Mit der Etablierung der eigenständigen Lungenklinik wird auch das medizinische Angebot für die gesamte Region Aachen weiter ausgebaut, um für Patienten mit Erkrankungen der Atmungsorgane eine intensive und umfassende Versorgung und Behandlung anbieten zu können. Mit der Verselbst-ständigung des Fachgebiets Pneumologie unter Einschluss der Intensiv- und Beatmungsmedizin wird zukünftig auch die pneumologische Forschung und Lehre eine Betonung erfahren.
Herr Prof. Dreher, warum ist eine Klinik für Pneumologie auch für die Forschungsaktivitäten von zentraler Bedeutung? Woran arbeiten Sie und Ihr Team?
Prof. Dreher: Unser Selbstverständnis als eigenständige Medizinische Klinik ist die Förderung von Forschung und Lehre, Fort- und Weiterbildung, Krankenversorgung und Prävention. Im Bereich der Forschung, der sowohl den Bereich der Grundlagenforschung als auch die translatio-nale und klinische Forschung abdecken wird, werden wir uns unter anderem auf Atemwegserkrankungen, Tissue Engineering, also Gewebekonstruktion bzw. Gewebezüchtung, Lungenersatzverfahren, die Erstellung einer Biobank sowie auf endoskopische Interventionen konzentrieren.
Was macht die Arbeit an der Uniklinik für Sie aus?
Prof. Dreher: Die Arbeit in einer Uniklinik bietet mir die einzigartige Möglichkeit, Medizin, Lehre und Forschung zu verbinden. Doch gerade in der Patientenversorgung gilt es immer, den einzelnen Patienten einerseits auf Basis langjähriger klinischer Erfahrung und wissenschaftlicher Studienlage, andererseits aber auch ganz persönlich in seiner individuellen Situation zu beurteilen und dement-sprechend zu handeln. Die (Mit-)Arbeit an anspruchsvollen multizentrischen Studien ist ein wichtiges Instrument und dient der Einführung neuer Therapieverfahren. Als universitäres pneumologisches Zentrum sind wir an nationalen und internationalen Studien beteiligt, die etablierte und neue Therapien für Lungenerkrankungen untersuchen. Im Rahmen der Studien besteht für Patientinnen und Patienten die Möglichkeit, neue Therapieverfahren und -möglichkeiten unter engmaschiger Kontrolle zu bekommen. Dazu werden wir auch die bisherige Zusammenarbeit mit den regionalen Krankenhäusern und niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen intensivieren. Für eine optimale Versorgung lungen erkrankter Patienten im Raum Aachen ist dies unabdingbar.
Was wären das für Studien, hätten Sie ein konkretes Beispiel?
Prof. Dreher: Natürlich: Bei der CAPNETZ Studie handelt es sich etwa um eine Beobachtungsstudie, die die Verbesserung der Versorgung von Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie zum Ziel hat. Zudem interessiert uns die krankheitsbedingte Wechselwirkung von Herz und Lunge, im Fachjargon: kardio-pulmonale Interaktion. Hier haben wir sogar eine spezielle Station für diese Patienten. Im Fokus stehen ferner die Beatmungsentwöhnung, die Entwicklung biohybrider Systeme und Verfahren zur Zelltherapie, um die Funktion der Atemwege und Lunge wiederherzustellen oder zu ersetzen, sowie die Frage nach der optimalen Sedierung von Patienten im Rahmen von Lungenspiegelungen. Ein weiterer Schwerpunkt unserer Klinik ist die Beatmungsmedizin, sowohl auf Intensivstation als auch im außerklinischen Bereich. Hier untersuchen wir zurzeit in einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekt digitale Lösungsansätze zur einfacheren Einleitung und Kontrolle solch einer Beatmung.