Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Kliniken für Neuroradiologie und Neurologie an der Uniklinik RWTH Aachen haben unter Federführung von Univ.-Prof. Dr. med. Martin Wiesmann, Direktor der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Neuroradiologie, neue Erkenntnisse im Bereich der endovaskulären Therapie (EVT) erzielt. Aus den beiden Studien, die in Zusammenarbeit mit anderen großen Universitätskliniken aus der ganzen Welt durchgeführt wurden, geht hervor, dass die EVT bei mittleren oder distalen Gefäßverschlüssen ein sicheres Verfahren ist, aber noch nicht klar ist, welche Patientinnen und Patienten davon profitieren. Im Durchschnitt bietet das Verfahren über alle Patientinnen und Patienten keinen messbaren Vorteil gegenüber der klassischen medikamentösen Behandlung. Das Forschungsteam veröffentlichte die Studien nun im renommierten Fachjournal The New England Journal of Medicine.
Die endovaskuläre Therapie, bei der ein Katheter zur Behandlung von Schlaganfällen eingesetzt wird, hat sich bei großen Gefäßverschlüssen im Gehirn als wirksame Behandlungsmethode erwiesen. Dabei wird ein feiner Katheter durch die Blutgefäße bis zur verschlossenen Hirnarterie vorgeschoben, um das Blutgerinnsel mechanisch zu entfernen. Dieses Verfahren ist so erfolgreich, dass es inzwischen die Methode der Wahl für alle Schlaganfälle mit großen Gefäßverschlüssen ist. In den beiden Studien „Endovascular Treatment of Stroke Due to Medium-Vessel Occlusion“ und „Endovascular Treatment for Stroke Due to Occlusion of Medium or Distal Vessels“ untersuchten die Forschenden nun, ob die endovaskuläre Therapie auch bei Verschlüssen kleinerer bis mittlerer Hirngefäße helfen kann. Das Resultat: Im Durchschnitt zeigte sich bei den Patientinnen und Patienten kein wesentlicher Vorteil durch die Katheterbehandlung. „Ein Verschluss mittlerer und kleiner Gefäße führt aufgrund der oft nur begrenzten Versorgungsbereiche seltener zu einem großflächigen Absterben des Gewebes im Vergleich zu großen Gefäßen. Die beiden Studien zeigen, dass der Nutzen eines mechanischen Eingriffs bei kleineren und mittelgroßen Gefäßverschlüssen begrenzt ist, da meist eine medikamentöse Behandlung ausreicht“, erklärt Univ.-Prof. Dr. med. Martin Wiesmann, Direktor der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Neuroradiologie an der Uniklinik RWTH Aachen, und führt aus: „Erfreulicherweise funktionierte die Gefäßeröffnung auch bei kleineren Gefäßen mit Erfolg und war sicher in ihrer Anwendung. Allerdings scheint bei Patienten, bei denen ein Schlaganfall durch kleinere oder mittlere Gefäßverschlüsse verursacht wurde, in vielen Fällen eine medikamentöse Behandlung ausreichend zu sein. Das gilt aber nicht für alle. In zukünftigen Studien werden wir daher untersuchen, welche dieser Patienten am meisten von einem Kathetereingriff profitieren können.“
Die Publikationen finden Sie unter Endovascular Treatment of Stroke Due to Medium-Vessel Occlusion | New England Journal of Medicine und Endovascular Treatment for Stroke Due to Occlusion of Medium or Distal Vessels | New England Journal of Medicine.