Mit Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkten in Medizintechnik und Life Science bildet die RWTH Aachen mit der Uniklinik RWTH Aachen einen wichtigen Innovationstreiber für die Gesundheitswirtschaft. Aus diesem Bereich entstehen zunehmend Spin-offs, die Forschungsergebnisse in die Praxis umsetzen und innovative Lösungen für die Herausforderungen im Gesundheitswesen bieten. Es ist Aufgabe der Hochschule, den Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse aus der Forschung in die Industrie zu fördern und den
Schritt in die Ausgründung durch gezielte Maßnahmen und Unterstützungsprogramme zu erleichtern und zu begleiten. Insbesondere drei MedTech-Teams konnten von dem gründungsfreundlichen Umfeld der RWTH profitieren. Alle drei Teams erhielten den RWTH Spin-off Award, die offizielle Auszeichnung der RWTH für herausragende Ausgründungen aus der Hochschule.
Neuartiges Therapieverfahren für Lungenschäden
Das 2021 aus dem Institut für Angewandte Medizintechnik der RWTH Aachen gegründete Spin-off HBOX Therapies GmbH entwickelt eine Alternative zur invasiven Beatmung für Patientinnen und Patienten mit akutem Lungenversagen. Bei Funktionsstörungen der Lunge wird der Körper nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt und eliminiert nicht mehr genug Kohlenstoffdioxid (CO2). HBOX entwickelte eine Plattformtechnologie für die hyperbare Blutoxygenierung. Die patentierte Technologie ermöglicht einen effizienten Gasaustausch außerhalb der Lunge, indem das Blut außerhalb des Körpers durch das Gerät zirkuliert, unter Druck mit Sauerstoff angereichert und der CO2-Gehalt verringert wird. Durch die nicht-invasive Anwendung müssen Patientinnen und Patienten nicht ins Koma versetzt werden und Komplikationsraten sowie Behandlungskosten können reduziert werden. Das Team wurde durch den EXIST-Forschungstransfer gefördert und durchlief die Gründungsprogramme der Hochschule. 2023 erhielt HBOX eine Seed-Finanzierung in Höhe von 2,3 Millionen Euro.
Der menschliche Darm als Atmungsorgan
Von einer Hyperkapnie spricht man, wenn der CO2-Gehalt im Blut aufgrund einer Lungenfunktionsstörung zu hoch ist. Die O11 biomedical GmbH, ebenfalls eine Ausgründung aus dem Institut für Angewandte Medizintechnik, arbeitet an einer Lösung zur Behandlung von Hyperkapnie, bei der der menschliche Darm als Atmungsorgan genutzt werden soll, anstatt das Problem über die Lunge anzugehen. Der menschliche Darm bildet eine hocheffektive Austauschmembran für CO2. Dank der patentierten Technologie kann CO2 aus der Darmflüssigkeit gebunden und ausgeschieden werden. Das Unternehmen, an dem die RWTH Innovation GmbH für die Uniklinik eine Beteiligung hält, konnte neben diversen Auszeichnungen auch eine größere Finanzierungsrunde erfolgreich abschließen, die die Produktentwicklung für die nächsten Jahre absichert.
KI-Software unterstützt bei der Planung von rekonstruktiven Operationen
Die Technologie der Inzipio Medical GmbH ermöglicht präoperative virtuelle Planungen von rekonstruktiven Operationen, ohne auf externe Dienstleister angewiesen zu sein. Durch KI, die auf CT-Bilddaten trainiert wurde, extrahiert die Software schnell und reproduzierbar dreidimensionale anatomische Strukturen. Das Ergebnis ist eine optimierte chirurgische Planung, die als 3D-gedruckte Schneidführungen direkt in den Operationssaal übertragen werden kann. Ziel ist es, Ärzten weltweit die selbstständige Planung und Durchführung komplexer rekonstruktiver Operationen zu ermöglichen. Als Ergebnis eines Forschungsprojektes an der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Uniklinik RWTH Aachen wurde 2017 ein Patent zum Schutz der Technologie angemeldet und später in mehreren Ländern erteilt.
2019 wurde das Team mit dem EXIST-Forschungstransfer gefördert und anschließend durch das RWTH-Incubation Programm bei der Entwicklung einer marktfähigen Software sowie ihrer Vermarktung unterstützt. 2022 wurde die Inzipio Medical GmbH gründet, wenig später konnte eine erste Finanzierungsrunde erfolgreich abgeschlossen werden.