AC forscht
  • Über uns
  • Kontakt
AC forscht
  • Über uns
  • Kontakt
AC forscht

Neues NGS-Gerät der dritten Generation: Genomsequenzierung mittels Nanoporen

von Uniklinik RWTH Aachen26. September 2018 in Medizin und Technik,

Das Institut für Humangenetik der Uniklinik RWTH Aachen unter Leitung von Univ.-Prof. Dr. med. Ingo Kurth erweitert den Bereich der Hochdurchsatzsequenzierung (Next-Generation Sequencing (NGS)) durch Anschaffung eines neuartigen Nanopore-Sequencers. Mit dem „PromethION“ der Firma Oxford Nanopore Technologies ist es möglich, innerhalb von 48 Stunden zwölf Terabasen Erbinformation, das entspricht zwölf Billionen DNA-Bausteinen, zu sequenzieren. Pro Sequenzierlauf können somit bis zu 100 menschliche Genome mit einer diagnostisch guten Abdeckung innerhalb von zwei Tagen sequenziert werden. Es handelt sich hiermit um das Gerät mit der größten verfügbaren Sequenzierleistung auf dem Markt. Zum Vergleich erreicht das bisher größte Sequenziergerät des Marktführers Illumina derzeit mit sechs Terabasen circa die Hälfte der Sequenzierleistung.

Beim PromethION handelt es sich um ein Next-Generation-Sequenziergerät der sogenannten dritten Generation, das durch ein grundsätzlich anderes Sequenzierverfahren als bisherige Hochdurchsatzsequenzierer die Entschlüsselung von Erbinformation ermöglicht. Bei der Nanopore-Sequenzierung werden DNA-Moleküle in einem elektrischen Feld durch winzige biologische Poren mit einem Durchmesser von 1 nm bewegt. Bei Durchtritt der DNA durch die Poren kommt es zu charakteristischen Veränderungen des Stromflusses, welche Rückschlüsse auf die DNA-Bausteine in der Pore erlauben. Bei der Sequenzierung sind bis zu 240.000 solcher Poren parallel nutzbar, sodass in kürzester Zeit große Mengen DNA ausgelesen werden können. Die momentane Lesegeschwindigkeit jeder einzelnen Pore beträgt 450 Basen pro Sekunde. Die Analyse der sequenzierten Daten erfolgt in Echtzeit, wodurch eine bioinformatische Verarbeitung und Auswertung der Daten noch während der Sequenzierung möglich ist.

Augenblicklich wird die Nanopore-Sequenzierung vorwiegend im wissenschaftlichen Kontext erprobt und ist als Ergänzung zu den im Institut für Humangenetik, dem Next-Generation-Sequencing (NGS)-Diagnostikzentrum und der IZKF-Genomics Facility genutzten Illumina-Geräten der zweiten Generation zu sehen. Die Nanopore-Sequenzierung hat jedoch mit ihrer enormen Leselänge von über zwei Millionen DNA-Basen am Stück Vorteile gegenüber anderen NGS Verfahren, welche kaum Leselängen von 600 Basen erreichen. Dies erleichtert die Erfassung von strukturellen Veränderungen im Genom, deren zentrale Bedeutung für seltene genetische Erkrankungen und auch bei der Tumorentstehung immer offensichtlicher wird. In diesen Bereichen könnte diese Sequenzierungstechnik zukünftig auch in der Diagnostik eine große Rolle spielen. Mit der neuen Technik entfällt zudem die Notwendigkeit, DNA vor dem Auslesen zu vervielfältigen, wodurch es möglich ist, epigenetische Veränderungen der Erbinformation nativ zu erfassen und deutlich umfassender zu verstehen, als dies bislang möglich war. Solche epigenetischen „Zusatzinformationen“, die im Genom versteckt sind und sich im Laufe des Lebens dynamisch verändern können, konnten bislang nur sehr oberflächlich untersucht werden, spielen aber bei vielen Erkrankungen eine wichtige Rolle. Hierunter fallen unter anderem auch Volkskrankheiten wie beispielsweise der Diabetes mellitus, kardiovaskuläre Erkrankungen oder neurologisch-psychiatrische Krankheitsbilder. Ein Schwerpunkt des humangenetischen Instituts besteht zudem in der Erforschung seltener epigenetischer Erkrankungen, die unter der Leitung von Prof. Dr. rer. nat. Thomas Eggermann nun noch besser und umfassender untersucht werden können.

Entgegen der landläufigen Meinung, das menschliche Genom sei seit 2002 vollständig entschlüsselt, sind circa zehn Prozent der gesamten Erbinformation immer noch nicht korrekt sequenziert und zugeordnet. Dies liegt daran, dass mit den verfügbaren Sequenziertechniken bislang nur kurze DNA-Abschnitte an einem Stück sequenziert werden konnten und sich gleichförmige DNA-Bereiche (Repeats) bisher nicht eindeutig zuordnen ließen, ähnlich einem Puzzle mit größeren gleich aussehenden Bereichen. Durch die gewaltigen Leselängen der Nanopore-Sequenzierung können die „Puzzleteile“ quasi massiv vergrößert werden und nun eindeutig zugeordnet werden. Die Vervollständigung des humanen Genoms wird auch dazu beitragen, Krankheiten besser zu verstehen. Eine große Herausforderung der kommenden Jahre wird vor allem die bioinformatische Verarbeitung, Auswertung und Archivierung der Genomdaten sein. Am Standort Aachen besteht auch fachübergreifend Interesse an der Nanopore-Sequenzierung und ein weiteres PromethION-Gerät ist durch die Arbeitsgruppe von Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Björn Usadel, Lehrstuhl für Botanik und Institut für Biologie I (Botanik), angeschafft worden, mit dem insbesondere bisher unbekannte Pflanzengenome untersucht werden sollen.

Die Humangenetik sammelt bereits seit 2016 Erfahrungen mit der Nanopore-Sequenzierung und verfügt mit dem MinION und dem GridION über zwei weitere Sequenzierer von Oxford Nanopore Technologies. Mit diesen kleineren Sequenziergeräten im Format eines Handys bzw. eines PCs besteht erstmals die Möglichkeit, Hochdurchsatzsequenzierung portabel und in Echtzeit einzusetzen. Hieraus ergeben sich zukünftig möglicherweise ganz neue Anwendungen abseits der klassischen Humangenetik, wie zum Beispiel ein schneller und differenzierter Erregernachweis im Rahmen einer Sepsis oder intraoperativ als Möglichkeit zur Erstellung molekularer Schnellschnitte. Quadrate_Satzende

Teile auf FacebookTeile auf Twitter

Verwandte Artikel

AdobeStock_432083100_Mikroskop_© totojang1977_bearb_CMYK

Internationales Forschungsteam unter Aachener Beteiligung entwickelt Wirkstoff mit innovativem Therapieprinzip

von Uniklinik RWTH Aachen2. Oktober 2024
IMG_E6329_bearbeitet

Gynäkologisches Simulationslabor als neuer Horizont in der operativen Ausbildung

von Uniklinik RWTH Aachen16. September 2024
Vondran,-Florian_4809_quer_web

Neue Technologien in der Transplantationschirurgie: Wie die Maschinenperfusion die Organtransplantation verändert

von Uniklinik RWTH Aachen23. August 2024
hornhauttransplantat

Erstmals künstliche Hornhauttransplantation an der Uniklinik RWTH Aachen

von Uniklinik RWTH Aachen31. Juli 2024
RSS
Facebook
Google+
Twitter
YouTube

Schlagwörter

Auszeichnung Bildgebung Corona Coronavirus Covid-19 Darm Deep Learning Diabetes Diagnostik Digitalisierung Fibrose Forschung Fördermittel Förderung Gehirn Genetik Herz Immunsystem Interview Kardiologie KI Krebs Künstliche Intelligenz Leber Medikamente Medizintechnik Nephrologie Neurologie Neuroradiologie Niere Nieren Pathologie Preis Projekt Publikation Seltene Erkrankungen SFB Studie Telemedizin Therapie Transplantation Tumor Uniklinik Aachen Uniklinik RWTH Aachen Veröffentlichung

Podcastreihe

Faszination „Intensiv- und Telemedizin“
Faszination Medizin,

Faszination „Intensiv- und Telemedizin“

von Uniklinik RWTH Aachen17. April 2025

Hervorgehoben

Bahnbrechende Technologie für die biomedizinische Bildgebung
Medizin und Technik,

Bahnbrechende Technologie für die biomedizinische Bildgebung

von Uniklinik RWTH Aachen19. Juli 2024

Kategorien

  • Ausgezeichnete Forschung
  • Entzündung und Folgen
  • Faszination Medizin
  • Forschung hautnah
  • Herz und Gefäße
  • Innere Medizin
  • Medizin und Technik
  • Neurowissenschaften
  • Onkologie
  • Paper of the month
  • Pathologie
  • Psychosoziale Medizin

Archive

Verwandte Links

apropos
Stiftung Universitätsmedizin Aachen

© 2020 Uniklinik RWTH Aachen      IMPRESSUM      DATENSCHUTZERKLÄRUNG