Landesweite digitale Vernetzung von fachärztlicher Expertise soll medizinische Versorgung verbessern – In der ersten Aufbauphase stehen bis zu zwei Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung.
Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hat heute (9. August 2019) gemeinsam mit den ersten Mitgliedern des Gründungsausschusses seine Pläne zur Errichtung eines Virtuellen Krankenhauses in Nord-rhein-Westfalen vorgestellt. Bei dem Virtuellen Krankenhaus handelt es sich um eine digitale Plattform, die künftig die fachärztliche Expertise landesweit bündeln und besser zugänglich machen soll. Die medizinische Versorgung in Nordrhein-Westfalen wird damit deutlich verbessert. Ziel ist zum Beispiel die Schaffung zukunftsfähiger digitaler Versorgungsstrukturen wie der elektronische Austausch behandlungsrelevanter Patientendaten oder Videosprechstunden, die für die Patientinnen und Patienten eine bedarfsgerechte, ortsnahe und qualitätsorientierte Behandlung bieten. Die Pilotphase des Virtuellen Krankenhauses soll im Frühjahr 2020 starten.
„Wir wollen die Zügel in die Hand nehmen und die digitale Versorgung im Gesundheitswesen besser nutzen. Trotz zahlreicher Maßnahmen und hoher Investitionen ist es bisher nicht ausreichend gelungen, ein landesweites, engmaschiges und digital unterstütztes Versorgungsnetz-werk aufzubauen. In der Vergangenheit hat es bereits eine Vielzahl von Einzelprojekten gegeben, die nach einer bestimmten Laufzeit beendet wurden. Das Virtuelle Krankenhaus soll dagegen Teil des Systems der Regelversorgung werden und schließlich ganz normal wie die anderen Leistungen des Gesundheitssystems von den Krankenkassen finanziert werden. In der Vergangenheit sind zudem die Angebote der einzelnen Träger gescheitert, weil sie nicht kompatibel waren. Auch damit muss Schluss sein“, erklärte Minister Laumann. „Ich bin froh, dass wir schon jetzt für den Gründungsausschuss hoch kompetente Vertreterinnen und Vertreter der medizinischen Spitzenmedizin gewinnen konnten. Sie wer-den nun das Fundament errichten, auf dem alle weiteren Dienste des Virtuellen Krankenhauses aufgebaut werden. Dabei werden auch die Ergebnisse des Wissenschaftsrats zur Begutachtung der Hochschulmedizin in Nordrhein-Westfalen berücksichtigt. Für die erste Aufbauphase des Virtuellen Krankenhauses stehen als Anschubfinanzierung bis zu zwei Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung.“
Um das Potenzial der digitalen Möglichkeiten für die Patientinnen und Patienten sowie Leistungserbringer auszuschöpfen, wird das Virtuelle Krankenhaus Kooperationen mit den einschlägigen medizinischen Spitzenzentren eingehen. Fehlt in einem Krankenhaus oder in einer Arztpraxis eine spezielle Expertise, kann das entsprechende Zentrum über ein zentrales Verzeichnis „per Mausklick“ kontaktiert werden. „Dadurch können die Therapien zum Beispiel von seltenen Erkrankungen deutlich verbessert werden. Gleiches gilt für die Erfassung medizinisch relevanter Patientendaten, die digital umgehend an den betreuenden Arzt gesendet und überwacht werden können“, so Minister Laumann. Darüber hinaus soll das Krankenhaus in einem nächsten Ausbauschritt Informationen und Beratungen für Patientinnen und Patienten bündeln, zum Bei-spiel durch Online-Terminvereinbarung oder Telefonberatung.
Dem Gründungsausschuss obliegt nun die Klärung zahlreicher rechtlicher, organisatorischer und technischer Fragestellungen beim Aufbau des Virtuellen Krankenhauses. Die ersten Mitglieder des Gründungsaus-schusses stehen bereits fest und begrüßten die Initiative der Landesregierung:
Dr. Karin Overlack, Geschäftsführerin des Herz- und Diabeteszentrums (HDZ) NRW in Bad Oeynhausen erklärt: „Das HDZ NRW freut sich, von zwei Seiten Expertise in dieses innovative Projekt einbringen zu können: Zum einen ist die telemedizinische Befundung von Herz- und Diabetespatienten über unser Institut für angewandte Telemedizin seit vielen Jahren gelebte Praxis unserer Universitätsklinik. Zum anderen besteht große Erfahrung in der fachärztlichen und interdisziplinären Datenübermittlung und gemeinsamen Diagnostik mit anderen Häusern. Dank eines über Jahre gewachsenen, sicheren Netzwerks sowie einer besonders guten Übertragungs- und Bildqualität profitieren vor allem schwer-kranke Patienten von einer universitären Spitzenmedizin, die ortsunabhängig und schnell zur Entscheidung über die bestmögliche Therapie beitragen kann.“
Auch Prof. Dr. Thomas Ittel, Vorstandsvorsitzender des Universitätsklinikums der RWTH Aachen, begrüßt die Pläne: „Damit geht die Landesregierung einen mutigen und konsequenten Schritt, um die digitale Trans-formation des Gesundheitswesens in unserem Bundesland voranzutreiben. Die Uniklinik RWTH Aachen hat mit der Elektronischen Fallakte Plus, dem Telemedizinzentrum Aachen und dem Innovationszentrum für Digitale Medizin, IZDM, wichtige Komponenten für die digitale Vernetzung aller Akteure geschaffen und freut sich, damit die Entwicklung des Virtuellen Krankenhauses unterstützen zu können. Mit dem Innovationsfondsprojekt TELnet@NRW konnten wir bereits die hohe Akzeptanz bei Ärzten und Patienten für ein intersektorales digitales Gesundheitsnetz-werk belegen. Ich bin sicher, dass das Virtuelle Krankenhaus entscheidende Verknüpfungswerkzeuge zur Optimierung der Versorgung liefern wird.“
„Wir freuen uns sehr, als Universitätsmedizin Essen Teil des Gründungausschusses dieses innovativen Projekts von Minister Karl-Josef Laumann zu sein, die Erfahrungen und Kompetenzen unserer bereits bestehenden Smart-Hospital-Initiative in den Dienst des Landes Nord-rhein-Westfalen zu stellen und damit nachhaltig für die Patientinnen und Patienten einzubringen. Wir sind sicher, dass das Virtuelle Krankenhaus auch über die Grenzen von Nordrhein-Westfalen hinaus Vorbildcharakter für eine, dank der Chancen und Möglichkeiten der Digitalisierung und Vernetzung, bessere medizinische Versorgung haben kann und wird. Auch das sollte unser gemeinsames Ziel sein“, sagt Prof. Dr. Jochen A. Werner, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des Universitäts-klinikums Essen.
Staatssekretär a.D. Lutz Stroppe erklärt: „Das Virtuelle Krankenhaus in Nordrhein-Westfalen wird die Voraussetzungen schaffen, damit noch mehr Menschen in allen Landesteilen am medizinischen Fortschritt so-wie Wissen und Können hochspezialisierter Ärztinnen und Ärzte teilhaben können. Die Digitalisierung des Gesundheitswesens, Telemedizin und Telekonzile werden im Virtuellen Krankenhaus für die Patientinnen und Patienten konkret. Dafür müssen im ersten Schritt Krankenhäuser, niedergelassene Ärzte und Krankenkassen zur Mitarbeit motiviert und die landes- und bundesrechtlichen Voraussetzungen geschaffen wer-den. Das Virtuelle Krankenhaus kann neue Maßstäbe für die Digitalisierung des Gesundheitswesens in ganz Deutschland setzen und dafür den notwendigen neuen Schub geben.“
„Das Universitätsklinikum Münster, UKM, hat als Maximalversorger seit vielen Jahren sehr positive Erfahrungen mit der digitalen Vernetzung machen können. Das UKM ist aktuell mit über 130 Einrichtungen, vom Maximalversorger bis zum Hausarzt, vernetzt, der digitale Austausch von Röntgenbildern ist in der Radiologie schon längst Standard. In vielen Fachbereichen, z.B. Unfallchirurgie, Intensivmedizin oder Neurochirurgie, wird zudem mit sicheren Tele-Visiten eine gemeinsame Behandlung der Patienten im Heimatkrankenhaus mit den Experten des UKM durchgeführt – wovon alle profitieren: Kritisch kranke Patienten können schneller verlegt werden, andere Patienten können dagegen weiter in Ihrem Heimatkrankenhaus behandelt werden. Ob im Heimatkrankenhaus oder in der Uniklinik – die Behandlung erfolgt überall auf dem gleichen hohen Niveau. Durch das Virtuelle Krankenhaus ist medizinische Expertise nicht mehr örtlich begrenzt, sondern überall verfügbar. Ein Vorteil auch für Patienten, die sich vor bestimmten Eingriffen eine Zweit-meinung einholen möchten. Darauf haben sie seit 2017 auf Grund des GKV-Versorgungsstärkungsgesetz Anspruch. Das Virtuelle Krankenhaus wird daher zu einer weiteren Verbesserung der Versorgung der Patienten, nicht zuletzt im ländlich geprägtem Münsterland, beitragen“, sagt Prof Dr. Dr. Hugo Van Aken, Vorstandsvorsitzender und Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Münster.
Bei Nachfragen wenden Sie sich bitte an die Pressestelle des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Telefon 0211 855-3118.
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