Seltene Krebserkrankungen stellen für Patienten und Ärzte eine große Herausforderung dar, denn es ist oft sehr schwierig, diese zu diagnostizieren und zu behandeln. Die frühzeitige Entdeckung der Erkrankung spielt in diesen Fällen aber eine besonders entscheidende Rolle. Moderne Bildgebungsverfahren wie die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) ermöglichen mithilfe radioaktiver Biomarker eine tiefere Analyse der pathophysiologischen Prozesse und kombinieren diese mit anatomischen Informationen aus der Magnetresonanztomographie (MRT). Dadurch können insbesondere die Diagnosestellung und die genaue Klassifizierung der Tumore weiterentwickelt werden, weswegen sich die Behandlung und Prognose verbessern lässt.
Kombination aus PET und MRT
Um die Diagnose bei seltenen Krebserkrankungen zu stellen, setzen Ärztinnen und Ärzte die PET und die MRT seit etwa 10 Jahren als MR/PET-Kombination ein. Bei einem PET werden die Stoffwechselaktivitäten im Gewebe bildlich dargestellt. Das Gerät erzeugt mehrere Bilder des Körpers oder einer einzelnen Körperregion Schicht für Schicht – wie in dünnen Scheiben –, woraus ein Computer ein dreidimensionales Bild erzeugt. Um die Stoffwechselprozesse sichtbar zu machen, injizieren Fachleute den Patienten einen schwach radioaktiven Stoff eingebaut in einem modifizierten Zucker. „Hierbei macht man sich den Effekt zunutze, dass sich die Strahlung, die beim Zerfall der radioaktiven Substanz entsteht, durch die PET messen lässt. Wegen des Zuckers werden besonders Zellen und Gewebe sichtbar, die viel Energie verbrauchen und hohe Stoffwechselraten haben. Das gilt für Gehirn- und Herzmuskelzellen, aber insbesondere für entzündetes Gewebe und Tumorzellen“, erklärt Prof. Dr.-Ing. Volkmar Schulz, Leiter des Verbundprojektes und Inhaber des Lehr- und Forschungsgebiets für Physik der Molekularen Bildgebungssysteme am Institut für Experimentelle Molekulare Bildgebung. Das PET-Bild zeigt somit den Grad der Anreicherung des Kontrastmittels, weswegen Ärzte Tumore durch das Verfahren lokalisieren können. Mit der MRT lassen sich in der Darstellung ebenfalls Gewebe, Organe und Knochen abbilden – im Gegensatz zur PET ist aber nicht die Stoffwechselaktivität sichtbar. Bösartig veränderte Zellansammlungen lassen sich erst erkennen, wenn Sie bereits vergrößert sind. Die Kombination der beiden bildgebenden Verfahren ermöglicht dem Untersuchenden, die Messergebnisse detailliert und genau zuordnen zu können, weil die MRT anatomische Informationen mit einem hohen Weichteilkontrast und physiologischen Parametern für das aus beiden Verfahren errechnete Gesamtbild beisteuert.
Bessere Auflösung und ein größeres Bildgebungsfeld
Das Ziel des Verbundprojekts, ist die Entwicklung der ersten Ausbaustufe des weltweit ersten Total-Body-PET/MR-Scanners. Dieses Gerät soll das axiale Bildgebungsfeld von derzeit 15 bis 25 Zentimetern auf 70 bis 200 Zentimeter erhöhen. „Dieser Fortschritt ermöglicht zum einem eine höhere Sensitivität – also das Verhältnis von eingesetztem und nachgewiesenem Kontrastmittel – und soll zum anderen durch hochauflösende lokale PET-Detektoren die bisherige Limitierung der Bildqualität deutlich steigern. Mittels dieses Fortschritts ließen sich zukünftig auch kleinste Tumore oder kleinste Veränderungen in Tumoren abbilden“, erklärt Florian Müller, M. Sc., Projektleiter des Teilprojektes der Uniklinik RWTH Aachen und Mitarbeiter im Lehr- und Forschungsgebiet für Physik der Molekularen Bildgebungssysteme am Institut für Experimentelle Molekulare Bildgebung. Darüber hinaus könnten die Experten einen solch hochpräzisen Tomographen auch bei vielen anderen metabolischen Erkrankungen einsetzen, bei denen die frühzeitige Untersuchung von Stoffwechselprozessen eine bessere Diagnostik, Erfolgs- und Verlaufskontrolle ermöglicht.
Die Entwicklung des neuartigen kombinierten Bildgebungsgerätes erfolgt fächerübergreifend und interdisziplinär zwischen dem Institut für Experimentelle Molekulare Bildgebung an der Uniklinik RWTH Aachen, der Medizinischen Fakultät und der Hyperion Hybrid Imaging Systems GmbH, einer Ausgründung der RWTH Aachen University. „Das Comprehensive Diagnostic Center Aachen (CDCA) ist als klinischer Partner ebenfalls involviert und begleitet das Projekt entlang seiner gesamten Entwicklungsphase“, berichtet Prof. Dr. med. Fabian Kiessling, Gründer und Sprecher des CDCAs und Leiter des Instituts für Experimentelle Molekulare Bildgebung.
Gefördert wird das Verbundprojekt unter der Nummer 13GW06218 durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Bereich Gesundheitswirtschaft im Rahmenprogramm Gesundheitsforschung im Zeitraum von April 2022 bis Ende März 2025.